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מי אנחנו

Wer sind wir?

JKG Erlangen

Wir sind eine kleine jüdische Gemeinde, wahrscheinlich die kleinste Gemeinde in Bayern.

Die Mehrheit unserer Mitglieder kommt aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, etwa 20% sind deutschsprachige Juden und Juden aus aller Welt, die der Beruf oder das Studium in den letzten Jahren nach Erlangen geführt hat.

Als Einheitsgemeinde heißen wir Juden aller Richtungen bei uns herzlich willkommen.

Wir fühlen uns den jüdischen religiösen Gesetzen (Halacha) verpflichtet und bemühen uns nach besten Kräften, diese nach sogenannter „orthodoxer“ Tradition zu befolgen.

 Das ist keine leichte Aufgabe, denn die meisten von uns sind es nicht gewohnt und nicht geübt, ein jüdisch-religiöses Leben zu leben.

Unsere Geschichte

Die Geschichte der Juden in Erlangen nach dem Krieg der Nationalsozialisten bis heute.

Der Weg zur Gründung einer jüdischen Gemeinde in Erlangen war steinig und gewunden. Im Gegensatz zu den Nachbargemeinden Bamberg, Fürth oder Nürnberg besaß die Vorkriegsgemeinde Erlangens keine eigene Immobilie, kein Gemeindezentrum, das als Keim hätte dienen können. Alle Thorarollen und Ritualgegenstände waren in der Pogromnacht verschleppt worden. Der letzte nachgewiesene Verbleib der Gegenstände endet im ehemaligen Rathaus.

Erste Kontakte und erste Gemeinde

Schon unmittelbar nach Kriegsende 1945 gab es Kontakte von ehemaligen Erlanger Juden aus den USA. Sie organisierten die Wiederherstellung des zuvor geplünderten Friedhofs. Jüdische Studenten der Universität Erlangen organisierten sich zu einem Studentenverband, die Studenten trafen sich zum gemeinsamen Gebet in einem Raum in der Universität, später im Logensaal der Stadt Erlangen. Zusammen mit anderen Überlebenden der Shoa, die sogenannten Displaced Persons – Vertriebene, wurde die erste jüdische Gemeinde nach 1945 gegründet. Der Verwaltungssitz befand sich angeblich am Bohlenplatz 18 mit einem Betsaal und einer Berufsschule. Erwähnt wird von Wolfgang Appell ein Herr Otto Löwy, der 1948 die jüdische Gemeinde betreut haben soll. Löwy, geb. 8. November 1885 in Troppau (CZ), von Beruf Elektrotechniker lebte nach dem Krieg 1948 als Displaced Person in Erlangen in der Oberen Karlstr. 21, später in der Raumerstr. 1 Durch Wegzug löste sich die Gemeinde allerdings bald wieder auf. Juden aus Erlangen schlossen sich der jüdischen Gemeinde Nürnberg an.

Betreuung

Wenn es um die Betreuung der ehemaligen jüdischen Bewohner Erlangens geht, die Bewahrung des jüdischen Friedhofs während der Zeit in der es keine jüdische Gemeinde in Erlangen mehr gab, oder die Beschäftigung mit Zeugnissen von früherer jüdischer Kultur fällt häufig der Name der städtischen Beauftragten, Frau Ilse Sponsel. Sie war 1980 von der Stadt Erlangen zur ehrenamtlichen Beauftragten für die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ernannt worden.

Diese Aufgabe übernimmt jetzt im Auftrag der Jüdischen Kultusgemeinde Erlangen seit 2013 Herr Christof Eberstadt-Beauftragter der Jüdischen Kultusgemeinde für die alte jüdische Gemeinde. Betreut wurde der Jüdische Friedhof über Jahrzehnte von Familie Kilian.

Es dauerte bis Mitte der siebziger Jahre bis in Erlangen Pläne zur Gründung einer Gemeinde reifen konnten. Der Verleger und Rabbiner Schlomo Levin seit 1964 in Erlangen lebend wollte 1970 zusammen mit Josef Jakubowicz eine jüdische Gemeinde gründen. Schlomo Levin wurde kurz vor der Gründung 1980 mit seiner Lebensgefährtin Frieda Pöschke in seinem Wohnhaus von Neonazis ermordet. Ein Schock für Erlangen, besonders für die Juden in Erlangen. Große Unsicherheit und Angst verbreiteten sich in der Jüdischen Gemeinde. Bis heute ist diese Tat ungeklärt und ungesühnt.

Israelitische Kultusgemeinde Erlangen

Ein zaghafter Wiederanfang erfolgte erst wieder 1997. Den Weg für die IKG bereiteten sechs Menschen: Pfarrer Lindenberg, der damalige Fürther Rabbiner Wurmser, der Ausschwitzüberlebende Josef Jakubowicz, seine Lebensgefährtin Rose Wanninger, Christiane Kolbet und der Stadtrat Hans-Herrman Hann. Mit tatkräftiger Hilfe des überkonfessionellen „Komitees zur Unterstützung der jüdischen Gemeinde“ wurde zunächst für eine Gruppe von ca. 40 russischsprachigen Kontingentflüchtlingen am 1.12.1997 die israelitische Kultusgemeinde als eingetragener Verein gegründet. Der Plan von Schlomo Levin eine jüdische Gemeinde zu gründen wurde wieder aufgenommen. Gegründet wurde die Gemeinde von Josef Jakubowicz und seiner Lebensgefährtin Rose Wanninger, die bis 2006 auch Vorsitzende der IKG war.

Josef Jakubowicz und seiner Lebensgefährtin Rose Wanninger
Allererstes gemeinsames Anzünden der Chanukkakerzen 1997 mit Henry Wanninger und Petr Rosenberg

Gemeindezentrum in der Hauptstr. 34

Mit viel Engagement und Einsatz sowohl des „Komitees“, der Gemeinde und schließlich auch der Stadt Erlangen gelang es am 2.4.2000 ein Gemeindezentrum zu eröffnen. Der Betsaal und Eingang wurden von dem Künstler Oleg Kutzenko bemalt. Die Firma Siemens stiftete das Mobiliar. Auch einzelne Firmen und Privatpersonen haben ermöglicht, dass eine feierliche Prozession von mehr als 500 Personen zur Einweihung der Synagoge durch die Stadt ziehen konnte. Vornweg erklang aus einem Lautsprecher jüdische Musik, dahinter wurde unter einer Chupa die Thora getragen.

Feierlicher Zug durch die Stadt Erlangen,vorne die Chupa mit dem damaligen Fürther Rabbiner Netanel Wurmser
Betsaal Hauptstr. 34
Betsaal bemalt von dem Künstler Oleg Kutzenko
Betsaal bemalt von dem Künstler Oleg Kutzenko
Betsaal bemalt von dem Künstler Oleg Kutzenko
Das erste Sukkotfest - Laubhüttenfest wurde 1999 auf dem Platz hinter dem Frankenhof an der Raumerstr. mit öffentlicher Teilnahme gefeiert. Die Sukka- die Laubhütte wurde von Rabbiner Wurmser organisiert. Im Bild mit Lulav Eduard Blam, rechts: Rose Wanninger

Thorarollen

Der Verbleib der Thorarollen, die 1938 während des Pogroms von jüdischen Männern in den Keller des Rathauses geschafft werden mussten, ist bis heute nicht bekannt. Im Jahr 2000 wurden Gespräche mit dem Stadtrat geführt, um bei einer Finanzierung einer Thora behilflich zu sein.

Thorarolle

Aufzeichnungen aus der Recherche von Herrn Christof Eberstadt:

Im Mitteilungsblatt des Landesverbandes der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern „Jüdisches Leben in Bayern“ erschien folgende Würdigung von Max Fleischmann zum Erwerb der ersten Thorarolle.

„Die Max-Fleischmann-Thora von Erlangen“

Am 13. Mai 2013 ist der in Erlangen geborene Max Fleischmann s. A. in den USA gestorben, der Mann, welchem es die Erlanger Jüdische Kultusgemeinde verdankt, dass sie kurz nach Eröffnung ihres Betsaals im Jahr 2000 eine zweite Thora erhielt. Aus Anlass des so gen. Jahrzeit-Tages gilt es, des Wohltäters zu gedenken.

Am 12. Mai 2014 besuchte ich Frau Gisela Blume in Fürth, welche, als ehemalige Vorsitzende der für Erlangen seinerzeit zuständigen Jüdischen Gemeinde von Fürth, vor 14 Jahren die Jüdische Kultusgemeinde Erlangen und deren Betsaal in der Erlanger Hauptstr. 34 mit zu etablieren half. Frau Blume hatte ihre Zusammenarbeit angeboten und ihr umfangreiches Archiv zur Verfügung gestellt, nach dessen Auswertung ich nun die Ereignisse jener Tage in Erinnerung bringen möchte.

Jede Gemeinde benötigt für den G’ttesdienst mindestens eine Thora. In Erlangen hatte man, so kurz nach der Neugründung im Jahr 1998, noch keine. Die Zeit drängte, denn es stand die Eröffnung des Betsaals bevor. Aus diesem Grund schrieb Frau Dr. Christiane Kolbet (als engagierte Förderin der Gemeinde) Herrn Max Fleischmann s. A. in den USA an, in der Hoffnung, dass er durch seine Erinnerung an die Vorgänge beim Pogrom am 10. November 1938 dazu beitragen könne, die seitdem verschollenen Thorarollen der vernichteten Erlanger Gemeinde wieder aufzufinden. Sie habe in einer Publikation des Erlanger Stadtmuseums gelesen, dass er als jugendliches Gemeindemitglied gezwungen worden sei, sakrale Heiligtümer aus der Synagoge auszuräumen und in den Keller des Rathauses zu verbringen. Leider konnte Fleischmann zu diesem hoffnungsvollen Unterfangen nichts beitragen.

Versuche durch weitere Unterstützer der Jüdischen Gemeinde an anderer Stelle führten zu keinem Ergebnis. So hat man zum Beispiel in der Erlanger Universitätsbibliothek, bei dem Bemühen zu helfen feststellen müssen, dass 21 dort angeblich vom Staatsarchiv Nürnberg im Jahr 1940 eingelieferte Thorarollen unauffindbar sind. (Wer weiß, ob unter diesen auch die Erlanger Schriftrollen gewesen sind?)

Man war also gezwungen, in kürzester Zeit eine neue Thora aus anderen Quellen zu erhalten. In kurzer Zusammenfassung der Ereignisse bis zur Einweihung des Betsaals lässt sich berichten, dass die Nürnberger evangelische Gemeinde von St. Sebald, unter der Ägide des Herrn Pfarrers Gerhard Malter, anlässlich des (evangelischen) Bußtages im November 1999 zu einer Kollekte aufgerufen hatte, mit welcher der Grundstock für eine erste Thora gelegt werden konnte. Weitere Verhandlungen, die an dieser Stelle nicht Thema sind, ermöglichten schließlich deren Beschaffung, rechtzeitig zur Einweihung des ersten Betsaals in Erlangen nach der Vernichtung der alten Gemeinde am 2. April 2000.

Frau Blume schickte eine kurze Schilderung des bedeutungsvollen Tages an Max Fleischmann, zusammen mit Fotos des Umzugs durch die Stadt. Sie äußerte die persönliche Meinung, dass man es seiner Schilderung der Ereignisse von 1938 maßgeblich verdanke, dass die Stadt Erlangen „nun das Geld zur Anschaffung der neuen Thorarolle gegeben hat“ (es war ein rückzahlbares Darlehen).

Max Fleischmann s. A. hat diesen Brief am 2. Mai 2000 auf Deutsch beantwortet und stellte zufrieden fest: „Ich selbst freue mich, meinen kleinen Beitrag machen zu können.“ Zu dieser Zeit muss Herr Fleischmann schon andere Gedanken in die Tat umgesetzt haben, denn nur acht Tage später schickte er eine E-Mail an Frau Dr. Kolbet mit der Überschrift: „Gute Nachricht!!!!!“ und: „Ich habe eine zweite Thorarolle für die Erlanger Gemeinde. Eine koschere Thora mit Silberschmuck. Diese Thora kommt von einer Gemeinde von New York … zirka 1938 gegründet. Diese Leute kamen hauptsächlich von Nürnberg (Rabbiner Heilbronn) und von München (Oberrabbiner von Bayern Dr. Baerwald) … Durch alte Freundschaften ist uns gelungen, diese Thora, die aus Deutschland stammt, zu bekommen.“ Am Ende der Email folgen die bedeutsamen Worte: „Nun nach 62 Jahren ist der Kreis geschlossen. Sie können sich nicht vorstellen, wie ich darüber nach vielen schlaflosen Nächten fühle.“

Am 20. Mai 2000 meldet Herr Fleischmann per Email: „Habe eben mit FedEx gesprochen. Die Thora ist in Nürnberg angekommen.“ Die Erlanger Jüdische Gemeinde verneigt sich in tiefstem Dank vor Ihrem Gönner. Christof Eberstadt“

Die erste Thora-Rolle wurde mit Hilfe von Herrn Josef Jakubowicz aus Israel geholt, die zweite Thora-Rolle mit Hilfe von Herrn  Max Fleischmann aus den USA nach Erlangen gesendet und eine dritte Thorarolle wurde später von Herrn Leo van Rooijen gespendet.

Thorarollen