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1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Gedichte des Kantors Yonatan Amrani mit eindrucksvollen Bildern unserer Künstlerin Irina Gerschmann

im Rahmen des Projekts 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.

Markt

Heute traf ich einen Irren
Und es war die schönste Seele, der ich je begegnet bin
Er ist ein Irrer
Ein klassischer, so wie einstmals
Läuft im Markt umher und spricht laut und es ist niemand da, der hört
Rennt hin- und her als versuche er, eine Lehrfrage zu enträtseln
Ballt seine Faust in den Mund
Als wolle er unbändige Windstöße dämmen
Er fürchtete den Marktstandbesitzer, dass dieser ihn töte
Wir sprachen vom Tod und der nächsten Welt
Vom Garten Eden und von Angst
Er wiederholte immer, das was ich ihm gesagt hatte
Haderte damit und rollte seine Augen
Versuchte, Ruhe in meinen Worten zu finden
Und wurde von ihnen aufgebracht
Und wieder und wieder
Er zog mich in einen Marktstand, auf das ich mit ihm redete,
und verfolgte mich zur Straßenbahn
Ich beruhigte ihn nicht und er war sehr verstört
Und einen Augenblick bevor die Türen zugingen fragte er,
wirst Du mich behüten?
Und ich sagte ihm, ja
Ich werde Dich behüten

שׁוּק

היום פגשתי משוגע
וזו הייתה הנשמה היפה ביותר שנתקלתי בה
הוא משוגע
קלאסי כמו פעם
מסתובב בשוק ומדבר בקול ואין מי ששומע
מתרוצץ אנה ואנה כמו מנסה לפענח סוגיה
ומקמץ את אגרופו לתוך פיו
כמו מנסה לסכור פרצי רוח לא נשלטים
הוא פחד מהבסטיונר שיהרוג אותו
דיברנו על המוות ועל עולם הבא
על גן עדן ועל פחד
הוא שינן את מה שאמרתי לו
חזר שוב ושוב על אותו המשפט
ופלפל בו ופלבל בעיניו
מנסה למצוא מנוח במילותי
ונסער מהן
וחוזר חלילה
הוא גרר אותי לבסטה שאדבר איתו
ורדף אחרי לרכבת הקלה
לא הרגעתי אותו והוא נטרד מאוד
ורגע שלפני שנסגרו הדלתות הוא שאל
אתה תשמור עלי?
ואמרתי לו כן
אני אשמור עליך

Café

In dem vorzüglichen persischen Café
In der reizenden Straße Erlangens
Höre ich das Lachen von Mädchen
Eine Bande Blondinen
die über Nichtigkeiten dieser Welt,
die wirklich wichtigen, kichern,
Und ich höre die
Cabaret-Mädchen
der dreißiger Jahre
Berlins
Sehe vor mir
ihre aufgerissenen, jubelnden Augen
ihre welligen Frisuren
und die modischen Hüte
und sehe auch
wie die Frauen des Städtchens versammelt wurden
auf dem engen Vorplatz eines Gebäudes
an einem hellen Morgen
neunzehnhundertdreiundvierzig
und sie trugen auch
dieselbe modische Frisur.
Die Mode, sie geht und kommt
das schöne Persien
ist das drohende Iran
das böse Deutschland
ist das wundervolle Erlangen
und das Lachen der Mädchen
ist das Leben selbst
bis es anders wird

קפה

בקפה הפרסי המשובח
שברחוב המתוק בארלנגן
אני שומע צחוק נערות
חבורת בלונדיות
שמצחקקות על
הבלי העולם הזה
החשובים באמת
ואני שומע את
בנות הקברט
של שנות השלושים
בברלין
רואה נגדי את
עיניהן הפעורות הצוהלות
את תסרוקתן הגלית
והכובע האופנתי
ורואה גם את
נשות העיירה שקובצו
לרחבת בניין צפופה
בבוקר בהיר אחד
של אלף תשע מאות
ארבעים ושלוש
והיו גם הן
באותה תסרוקת אופנתית
אופנה הולכת וחוזרת
פרס היפה
היא איראן המאיימת
גרמניה הרעה
היא ארלנגן הנהדרת
וצחוק הנערות
הוא החיים עצמם
עד שיהיה אחרת

Tüte

Irgendein Artikel erinnerte mich
an die Tüte aus American Beauty,
die fliegt und wirbelt
und für die Dauer ewiger Augenblicke
ist sie in ihrem eigenen Tanz
in dem sie niemand stört
Schließlich landet sie luftlos.
Ich betrachte den Tanz der letzten Tage
Weiß, dass ich in dem Wirbel war,
einem genussvollen und aufwühlenden.
Augenblicke lang bist Du im Duett
Augenblicke lang im Soloauftritt.
Fragst dich aber nicht einen Augenblick:
Woher der Wind, der dich bewegt?
Du gibst dich einfach hin
bis der Wind sich von selbst beruhigt
und dich auf den Asphalt legt.
Wartest
auf den nächsten Wind, der da kommen möge

שקית

כתבה כלשהיא הזכירה לי
את השקית של אמריקן ביוטי
שמתעופפת ומסתחררת
ובמשך רגעי נצח
היא במחול משלה
ללא מי שיפריע לה
לבסוף היא נוחתת
במובן מסוים נטולת אוויר.
ואני מביט על המחול של הימים האחרונים
יודע שהייתי בסחרור
מענג ומרגש
לרגעים אתה בדואט
לרגעים בהופעת יחיד
אבל אתה לרגע לא שואל את עצמך
מאין הרוח שמניעה
אתה פשוט מתמסר
עד שהרוח מאליה שוככת
ומניחה אותך על האספלט
ממתין
לרוח הבאה שתבוא

Taschlich* („Werfe Fort“)

Manchmal gehe ich an das Flüsschen
am Rand von Dorf und Feld
um zu sehen, ob abgeklungen das Wasser
Um zu sehen, ob die Sünden des Taschlich
noch dort sind
oder vielleicht weitergeflossen.
Um zu sehen, ob das Herbstblatt in mir
weiterhin obenauf schwimmt mit errötetem Gesicht
oder vielleicht trocknete und weiterzog
Um zu sehen,
ob das Wasser in mir
weiter quillt
und in mir lebt.
*
Und alles, was man über mir sehen kann
Myriaden von Wasserwanzen
Unrein, unrein rufen sie
und tragen die Kunde meines Seins
zur Mistgrube eines Pferdes,
das unbeachtet davonzog,
auf dem Rücken
das Fräulein aus dem Nachbardorf,
für das sich die Sünde
der ganzen Welt lohnt.
*
Meinen Zigarettenstummel übergebe ich            der Fläche des reinen Wassers
auf dass der Welt nicht fehle
meine Verunreinigung


*„Taschlich“ heißt ein jüdischer Brauch, bei dem man am nachmittäglichen Gebet des
ersten Neujahrstags am Ufer eines natürlichen Gewässers (Meer, See, Fluss o.ä.) die
Sünden des letzten Jahres symbolisch in das Wasser „wirft“.

תשליך


לעיתים אני פונה אל הנחל
שבקצה הכפר והשדה
לראות הקלו המים
לראות אם חטאי התשליך
עודם שם
או שמא נזלגו הלאה
לראות אם עלה שלכת שבי
עודו צף ופניו סמוקות
או שמא יבש וחלף
לראות
אם מים שבי
עודם פועים
וחי בם
*
וכל מה שניתן לראות מעלי
ריבוא פשפשי נחל
טמא טמא יצעקו
וישאו את בשורת קיומי
לעברי פחת גללי הסוס
שחלף בטל בדרך
על שכמו נושא
את עלמת הכפר השכן
שעבורה שווה
חטא כל העולם
*
את בדלי אתן
על פני המים הנקיים
למען לא יחסר
העולם את זיהומי